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Keine Alternativangebote bei Rechtsanwaltsbeauftragung oder Gutachterbeauftragung


Bei der Beschlussfassung über die Beauftragung eines Rechtsanwalts müssen keine Alternativangebote anderer Rechtsanwälte vorliegen; dies gilt auch dann, wenn der Abschluss einer Honorarvereinbarung beabsichtigt ist. Entsprechendes gilt bei der Beauftragung von Gutachtern.

Es steht im Ermessen der Wohnungseigentümer, im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung eine von dem Verwalter ohne Beschluss veranlasste Maßnahme nachträglich zu genehmigen. Eine derartige Genehmigung ist jedenfalls dann rechtmäßig, wenn die Maßnahme selbst ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.


Dass in einem Beschluss nur über die grundsätzliche Beauftragung einer Rechtsanwaltskanzlei und nicht zugleich über die abzuschließende Honorarvereinbarung beschlossen wurde, stellt keinen Widerspruch zur ordnungsmäßigen Verwaltung dar. Eine getrennte Beschlussfassung über die Beauftragung und die Vergütungsvereinbarung ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn die Wohnungseigentümer beide Beschlüsse in derselben Wohnungseigentümerversammlung erörtern und fassen (zur Verwalterbestellung vgl. Senat, Urteil vom 22. Juni 2012 - V ZR 190/11, NJW 2012, 3175 Rn. 12).


Inwiefern überhaupt vor einer Beschlussfassung über die Vergabe von Aufträgen Alternativangebote vorgelegt werden müssen, ist höchstrichterlich nicht geklärt. In der Instanzrechtsprechung und der Literatur wird dies im Grundsatz überwiegend bejaht (Nachweise etwa bei Sommer in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 18 Rn. 27a; Bärmann/Pick/Emmerich, WEG, 21. Aufl., § 19 Rn. 83). Der Senat hat sich dazu bisher nur im Zusammenhang mit der Bestellung des Verwalters (vgl. Senat, Urteil vom 1. April 2011 - V ZR 96/10, NZM 2011, 515 Rn. 12 f.; Urteil vom 24. Januar 2020 - V ZR 110/19, ZWE 2020, 284 Rn. 9; Urteil vom 2. Juli 2021 - V ZR 201/20, NZM 2021, 764 Rn. 5) und in prozessualen Sonderkonstellationen geäußert (vgl. Senat, Urteil vom 10. Februar 2023 - V ZR 246/21, NJW 2023, 2190 Rn. 15; Urteil vom 10. November 2023 - V ZR 51/23, NJW 2024, 1183 Rn. 33). Dass allgemein eine Pflicht zur Einholung von Alternativangeboten besteht, geht aus diesen Entscheidungen - entgegen einer zum Teil geäußerten Ansicht (vgl. etwa Staudinger/Lehmann-Richter, WEG [1.3.2025], § 19 Rn. 39.1) - nicht hervor.


Jedenfalls bei der Beschlussfassung über die Beauftragung eines Rechtsanwalts müssen keine Alternativangebote anderer Rechtsanwälte vorliegen; dies gilt auch dann, wenn der Abschluss einer Honorarvereinbarung beabsichtigt ist.


Zweck der Einholung von Alternativangeboten ist es, den Wohnungseigentümern die Stärken und Schwächen der Leistungsangebote aufzuzeigen (vgl. Senat, Urteil vom 22. Juni 2012 - V ZR 190/11, NJW 2012, 3175 Rn. 10). Können Alternativangebote dieses Ziel nicht erreichen, kann es nicht ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, auf ihre Einholung zu verzichten.


Daran gemessen müssen vor der Beauftragung eines Rechtsanwaltes keine Alternativangebote eingeholt werden. Sie wären ohnehin nicht dazu geeignet, den Wohnungseigentümern einen grundlegenden Erkenntnisgewinn in Bezug auf die Stärken und Schwäche der Angebote zu vermitteln.


Zum einen ermöglichten derartige Alternativangebote keinen aussagekräftigen Preisvergleich.

Rechnen die Rechtsanwälte nach den gesetzlichen Honorartabellen ab, wird zwischen ihren Angeboten kein Preisunterschied bestehen und es kann davon ausgegangen werden, dass ihr Honorar üblicher Vergütung entspricht (vgl. Jennißen, ZWE 2022, 460). Gleichwohl steht damit, anders als bei einem Handwerker, der im Rahmen einer Angebotserstellung einen prognostizierten Endpreis anbieten kann, noch kein fester Endbetrag für die rechtsanwaltliche Vergütung fest. Der Endpreis ist vielmehr abhängig von Faktoren, die der beauftragte Rechtsanwalt nur begrenzt beeinflussen kann; ob etwa eine außergerichtliche Einigung zustande kommt oder ein Gerichtsprozess über mehrere Instanzen geführt wird, hängt nicht nur von der anwaltlichen Beratung und Vertretung, sondern von vielen Umständen ab.


Ähnlich verhält es sich, wenn die rechtsanwaltliche Tätigkeit nach Stundensätzen abgerechnet werden soll. Denn entscheidend ist nicht nur die Vergütungshöhe pro Stunde, sondern vor allem die Anzahl der geleisteten Stunden, die letztlich in Rechnung gestellt werden. Das endgültige Rechtsanwaltshonorar lässt sich deshalb vorab konkret nicht in einer Weise verlässlich beziffern, die einen tragfähigen Vergleich verschiedener Kanzleien zuließe. Darüber hinaus bietet § 3a Abs. 3 RVG der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Schutz gegen eine überhöhte Gebührenforderung des beauftragten Rechtsanwaltes. Denn nach dieser Vorschrift kann eine unangemessen hohe Vergütung im Vergütungsstreit durch das Gericht auf den angemessenen Betrag - bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung - herabgesetzt werden.


Aufgrund der Vielzahl von Faktoren, die die Vergütung beeinflussen, kann auch nicht von vorneherein beurteilt werden, ob eine Abrechnung nach Stundensätzen oder nach der gesetzlichen Vergütung günstiger wäre.


Vor allem ist die Höhe des Honorars des Rechtsanwalts nicht der einzige und auch nicht der wichtigste Gesichtspunkt für die Auswahl des Rechtsanwalts. Entscheidend ist insbesondere, ob der in Aussicht genommene Rechtsanwalt seiner Aufgabe gerecht wird (vgl. Senat, Urteil vom 1. April 2011 - V ZR 96/10, NZM 2011, 515 Rn. 13 - zur Weiterbestellung des Verwalters). In der Regel versetzen Konkurrenzangebote mehrerer Rechtsanwälte die Wohnungseigentümer nicht in die Lage, die Qualität der jeweiligen Leistungen der Rechtsanwälte zu vergleichen. Anders als bei handwerklichen Auftragsarbeiten, bei denen zur Erreichung eines Werkerfolges unterschiedliche Herangehensweisen denkbar sein können, die in den Angeboten erläutert werden, wird der Rechtsanwalt regelmäßig auf Grund eines Anwaltsdienstvertrags im Sinne von § 611 Abs. 1, § 675 Abs. 1 BGB tätig. Damit schuldet der Rechtsanwalt keinen Erfolg, sondern eine ergebnisoffene Dienstleistung. Darüber hinaus können aus Angeboten auch keine Rückschlüsse auf die fachlichen Qualifikationen der Rechtsanwälte gezogen werden. Zuletzt kommt neben der fachlichen Qualifikation der persönlichen (Vertrauens-)Beziehung zwischen Mandanten und Rechtsanwalt besondere Bedeutung zu, die durch einen Angebotsvergleich nicht abgebildet werden kann.


Daran gemessen bedarf die Beschlussfassung über die Beauftragung der Rechtsanwaltskanzlei und den Abschluss der Honorarvereinbarung keiner Einholung von Alternativangeboten.


Vorinstanzen

AG München, Entscheidung vom 14.04.2022 - 1290 C 12769/21 WEG –

LG München I, Entscheidung vom 20.03.2024 - 1 S 5174/22 WEG -

BGH, Versäumnisurteil vom 18.07.2025 - V ZR 76/24 –


(Entscheidung wird gekürzt wiedergegeben)

Aktuelle Themen

Wohnungseigentumsrecht