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Wegfall der Geschäftsgrundlage nach einer Schenkung zugunsten einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft


Die Klägerin verlangt aus eigenem und dem abgetretenen Recht ihres Ehemanns vom Beklagten die Rückzahlung von Finanzierungsbeiträgen für eine Wohnimmobilie, die der Beklagte gemeinsam mit der Tochter der Klägerin erworben.

Die Klägerin und Ehemann sind die Eltern der ehemaligen Lebensgefährtin des Beklagten; die nichteheliche Lebensgemeinschaft der Tochter mit dem Beklagten bestand seit 2002. Im Jahr 2011 kauften die Tochter der Klägerin und der Beklagte eine Immobilie zum gemeinsamen Wohnen. Die Klägerin und ihr Ehemann wandten ihnen zur Finanzierung Beträge von insgesamt 104.109,10 € zu. Ende Februar 2013 trennten sich die Tochter der Klägerin und der Beklagte. Im Januar 2014 begehrten die Klägerin und ihr Ehemann die zugewandten Beträge zurück. Mit der Klage verlangen sie von dem Beklagten die Hälfte der Beträge. Die Klägerin stützt dies in erster Linie auf eine Darlehensabrede; hilfsweise macht sie sich den Vortrag des Beklagten zu eigen, die Zuwendungen seien unentgeltlich erfolgt.


Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; die Berufung des Beklagten ist in Höhe von 47.040,77 € erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat in dieser Höhe auf der Grundlage des Vortrags des Beklagten einen Anspruch wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage für begründet erachtet. Mit der Auflösung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft hätten sich Umstände schwerwiegend verändert, von deren Vorhandensein die Vertragsparteien der Schenkung gemeinsam ausgegangen seien. Den Zuwendungen habe die gemeinsame Vorstellung zugrunde gelegen, die Beziehung zwischen der Tochter der Klägerin und dem Beklagten werde lebenslangen Bestand haben. Mit der Trennung, die kurze Zeit nach der Zuwendung erfolgt sei, sei diese Geschäftsgrundlage weggefallen und der Klägerin ein Festhalten an der Schenkung nicht zuzumuten. Da die Tochter der Klägerin jedoch mindestens vier Jahre in der gemeinsamen Wohnimmobilie gewohnt habe, habe sich der mit der Schenkung verfolgte Zweck teilweise verwirklicht. Diese Zweckerreichung sei in Relation zur erwarteten Gesamtdauer der Lebensgemeinschaft zu setzen. Demnach habe der Beklagte 93,6 % seines hälftigen Anteils an den geschenkten Zuwendungen, mithin 47.040,77 € zurückzuzahlen.

Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten.


Der für das Schenkungsrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Beurteilung des Berufungsgerichts im Ergebnis gebilligt und deshalb die Revision des Beklagten zurückgewiesen.

Wie bei jedem Vertrag können auch dem Schenkungsvertrag Vorstellungen eines oder beider Vertragspartner vom Bestand oder künftigen Eintritt bestimmter Umstände zugrunde liegen, die nicht Vertragsinhalt sind, auf denen der Geschäftswille jedoch gleichwohl aufbaut. Deren schwerwiegende Veränderung kann daher wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage eine Anpassung des Vertrages oder gar das Recht eines oder beider Vertragspartner erfordern, sich vom Vertrag zu lösen (§ 313 Abs. 1 BGB).

Bei der Prüfung, was im Einzelfall Geschäftsgrundlage eines Schenkungsvertrags ist, ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Schenkungsvertrag keinen Vertrag darstellt, bei dem Leistung und Gegenleistung ausgetauscht werden. Der Schenkungsvertrag ist vielmehr durch das Versprechen einer einseitigen unentgeltlichen Zuwendung gekennzeichnet, mit der der Schenker einen Vermögensgegenstand weggibt und dem Beschenkten - soweit die Schenkung nicht unter einem Vorbehalt oder einer Bedingung oder mit einer Auflage erfolgt - diesen Gegenstand zur freien Verfügung überlässt. Der Beschenkte schuldet keine Gegenleistung; er "schuldet" dem Schenker nur Dank für die Zuwendung, und der Schenker kann das Geschenk zurückfordern, wenn der Beschenkte diese Dankbarkeit in besonderem Maße vermissen lässt und sich durch eine schwere Verfehlung gegenüber dem Schenker als grob undankbar erweist (§ 530 Abs. 1 BGB).

Bei der Schenkung eines Grundstücks oder zu dessen Erwerb bestimmter Geldbeträge an das eigene Kind und dessen Partner hegt der Schenker typischerweise die Erwartung, die Immobilie werde von den Beschenkten zumindest für einige Dauer gemeinsam genutzt. Dies erlaubt jedoch noch nicht die Annahme, Geschäftsgrundlage der Schenkung sei die Vorstellung, die gemeinsame Nutzung der Immobilie werde erst mit dem Tod eines Partners enden. Denn mit einem Scheitern der Beziehung muss der Schenker rechnen, und die Folgen für die Nutzung des Geschenks gehören zu dem vertraglich übernommenen Risiko einer freigiebigen Zuwendung, deren Behaltendürfen der Beschenkte nicht rechtfertigen muss.

Im Streitfall beruht die Feststellung des Berufungsgerichts, die Zuwendung sei in der Erwartung erfolgt, die Beziehung zwischen der Tochter der Klägerin und dem Beklagten werde andauern und das zu erwerbende Grundeigentum werde die "räumliche Grundlage" des weiteren, nicht nur kurzfristigen Zusammenlebens der Partner bilden, auf einer rechtlich möglichen Würdigung des Sachvortrags der Parteien. Diese Geschäftsgrundlage der Schenkung ist weggefallen, nicht weil die Beziehung kein Leben lang gehalten hat, sondern weil sich die Tochter der Klägerin und der Beklagte schon weniger als zwei Jahre nach der Schenkung getrennt haben und sich die für die Grundstücksschenkung konstitutive Annahme damit als unzutreffend erwiesen hat, die Partner würden die Lebensgemeinschaft nicht lediglich für kurze Zeit fortsetzen.

In einem solchen Fall ist die Annahme gerechtfertigt, dass die Schenkung nicht erfolgt wäre, wäre für die Schenker das alsbaldige Ende dieses Zusammenlebens erkennbar gewesen. Dann kann dem Schenker regelmäßig nicht zugemutet werden, sich an der Zuwendung festhalten lassen zu müssen, und ist dem Beschenkten, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, seinerseits zuzumuten, das Geschenk zurückzugeben. Da es regelmäßig fernliegt, dass der Schenker die Höhe des Geschenks um eine bestimmte Quote vermindert hätte, wenn er die tatsächliche Dauer der Lebensgemeinschaft vorausgesehen hätte, kommt die "Berechnung" eines an einer solchen Quote orientierten Rückzahlungsanspruchs, wie sie das Berufungsgericht vorgenommen hat, grundsätzlich nicht in Betracht. Im Streitfall wirkt sich dies allerdings nicht aus, da nur der Beklagte ein Rechtsmittel gegen das Berufungsurteil eingelegt hat.


Vorinstanzen:

LG Potsdam - Urteil vom 20. 08.2015 - 2 O 166/14

OLG Brandenburg - Urteil vom 26.10.2016 - 4 U 159/15


BGH Urteil vom 20.02.2019 – X ZR 107/16


Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshof vom 20-02-2019






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