D-44269 Dortmund - Schüren

Gevelsbergstraße 13

www.Haymann.com

Telefon: +49 (0)231-443105

Telefax: +49 (0)231-458575

info@Haymann.com

Rechtsanwalt

H  a  y  m  a  n  n

Willkommen Über uns Service Gütestelle Informationen Formulare Kosten Kontakt Impressum
Hier Gibt Es Uhr Homepage

Zwangsvollstreckung gegen Verwalter wegen Erteilung der Jahresabrechnung und des Wirtschaftsplans


I.

Die Verurteilung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung einer Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 3 WEG für Kalenderjahre, in denen er die Verwaltung geführt hat, ist als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung gemäß § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch Androhung von Zwangsmitteln und nicht als Verurteilung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung gemäß § 887 Abs. 1 ZPO im Wege der Ersatzvornahme zu vollstrecken.

II.

Die Verurteilung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung eines Wirtschaftsplans für ein Kalenderjahr nach § 28 Abs. 1 WEG ist nicht zu vollstrecken, wenn dieses Kalenderjahr zum Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung abgelaufen ist.


Die Wohnungseigentümer hatten gegen die Verwalterin geklagt, die Jahresabrechnungen für die Kalenderjahre 2011 bis 2013 und den Wirtschaftsplan für das Kalenderjahr 2014 aufzustellen. Im Oktober 2014 erging dazu gegen die Verwalterin ein Anerkenntnisurteil. Zum 31.12.2014 endete die Bestellung der Verwalterin. Da diese trotz des Anerkenntnisurteils die Abrechnungen nicht erteilte, leiteten die Wohnungseigentümer im April 2015 die Zwangsvollstreckung ein. Dazu beantragten sie, die Wohnungseigentümer zu ermächtigen, die Jahresabrechnungen 2011 bis 2013 und den Wirtschaftsplan 2014 durch einen anderen zu beauftragenden Verwalter erstellen zu lassen.


Der 1. Senat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Verwalterin durch Zwangsmittel zur Abrechnungserteilung heranzuziehen ist. Die Verurteilung eines WEG-Verwalters zur Erstellung einer Jahresabrechnung für Kalenderjahre, in denen er die Verwaltung geführt hat, ist als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung gemäß § 888 ZPO durch Androhung von Zwangsmitteln zu vollstrecken. Hat der WEG-Verwalter eine Jahresabrechnung für Kalenderjahre aufzustellen, in denen er selbst die Verwaltung geführt hat, ist seine Verpflichtung nicht darauf beschränkt, die Belege auszuwerten. Vielmehr muss er darüber hinaus für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Belege einstehen. Diese Verpflichtung kann nur vom Verwalter selbst erfüllt werden, nicht aber von Dritten.

Die Jahresabrechnung unterscheidet sich insoweit nicht von der Betriebskostenabrechnung eines Vermieters, die ebenfalls verbindliche Erklärungen des Schuldners aufgrund seiner besonderen Kenntnisse voraussetzt. Die Verurteilung eines Vermieters zur Erteilung einer Betriebskostenabrechnung ist nach der Rechtsprechung des BGH deshalb als Verurteilung zu einer nicht vertretbaren Handlung zu vollstrecken. Die Jahresabrechnung unterscheidet sich auch nicht entscheidend von der Rechnungslegung des Verwalters. Wesentlicher Unterschied ist nur, dass die Jahresabrechnung vom Verwalter nach Ablauf eines Kalenderjahres aufzustellen ist, während die Rechnungslegung jederzeit von den Wohnungseigentümern durch Mehrheitsbeschluss vom Verwalter verlangt werden kann.

Der Verwalter ist demnach nicht nur bei der Rechnungslegung, sondern auch bei der Jahresabrechnung verpflichtet, über seine mit Einnahmen und Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen. Er hat den Wohnungseigentümern daher in beiden Fällen eine Rechnung mitzuteilen, die eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält. Gegebenenfalls muss er an Eides statt versichern, dass er nach bestem Wissen abgerechnet hat. Soweit danach die Jahresabrechnung ebenso wie die Rechnungslegung die Erklärung des Verwalters enthält, die bei seiner Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums angefallenen Einnahmen und Ausgaben nach bestem Wissen vollständig angegeben zu haben, setzt sie besondere Kenntnisse voraus, die nur der Verwalter haben kann, und handelt es sich um eine nicht vertretbare Handlung.

Wechselt der Verwalter innerhalb des Wirtschaftsjahres, muss der neue Verwalter die Abrechnung vornehmen. Gegen die Annahme, die Jahresabrechnung könne nur von dem Verwalter erstellt werden, der die Verwaltung geführt hat, spricht auch nicht, dass bei einem Verwalterwechsel während des Kalenderjahres nach überwiegender Meinung nicht der alte, sondern der neue Verwalter die Abrechnung für das gesamte Kalenderjahr aufstellen muss. Soweit der neue Verwalter die Jahresabrechnung für den Zeitraum erstellt, in dem der bisherige Verwalter tätig war, handelt es sich um eine vertretbare Handlung. Die Tätigkeit des neuen Verwalters ist insoweit auf die Auswertung der Unterlagen des früheren Verwalters und die geordnete Darstellung des Ergebnisses dieser Auswertung und damit auf eine Tätigkeit beschränkt, die jeder Fachkundige ausführen kann. Der neue Verwalter kann dagegen aus eigener Kenntnis keine Erklärung zur Vollständigkeit und Richtigkeit der seiner Abrechnung zugrunde liegenden Unterlagen des früheren Verwalters abgeben. Die Wohnungseigentümer können allerdings vom früheren Verwalter nach § 28 Abs. 4 WEG die Rechnungslegung bis zum Zeitpunkt seines Ausscheidens und damit eine Erklärung zur Vollständigkeit und Richtigkeit der während seiner Verwaltung angefallenen Unterlagen verlangen. Soweit der neue Verwalter die Jahresabrechnung für den Zeitraum seiner Tätigkeit erstellt, handelt es sich dagegen um eine unvertretbare Handlung. Insoweit erschöpft sich seine Abrechnung nicht in der Auswertung der Unterlagen und der geordneten Darstellung des Ergebnisses dieser Auswertung. Vielmehr enthält die Abrechnung darüber hinaus die (konkludente) Erklärung des neuen Verwalters, seine Abrechnung erfasse die im Zeitraum seiner Verwaltung angefallenen Einnahmen und Ausgaben vollständig und richtig. Diese Erklärung kann nur der neue Verwalter abgeben.

Für die Frage, ob es sich bei der Erstellung einer Jahresabrechnung um eine vertretbare oder um eine nicht vertretbare Handlung handelt, kommt es nicht darauf an, ob sich die betreffenden Unterlagen noch im Besitz des zur Abrechnung verpflichteten Verwalters befinden. Befinden sich die Unterlagen nicht mehr im Besitz des Verwalters, können die Eigentümer dem Verwalter den Besitz der Unterlagen verschaffen. Sind sie selbst nicht im Besitz dieser Unterlagen, können sie von deren Besitzer die Herausgabe verlangen. Darüber hinaus kann der ehemalige Verwalter vom neuen Verwalter die Herausgabe der Unterlagen oder die Einsicht in die Unterlagen beanspruchen.


Ob die Aufstellung eines Wirtschaftsplans wie die Erstellung der Jahresabrechnung eine unvertretbare Handlung ist oder aber - weil der Wirtschaftsplan keine Verwaltererklärung über Richtigkeit oder Vollständigkeit erfordert - als vertretbare Handlung auch von einem Dritten erbracht werden kann, ließ der BGH offen. Der Anspruch auf Erstellung eines Wirtschaftsplans für ein Kalenderjahr erlischt nämlich mit dem Ablauf dieses Kalenderjahres und es entsteht die Pflicht, eine Jahresabrechnung aufzustellen. Vorliegend sollte das Urteil zur Aufstellung des Wirtschaftsplans für 2014 erst 2015 vollstreckt werden. Der Anspruch war zu diesem Zeitpunkt schon erloschen. Wenn der WEG-Verwalter dazu verurteilt ist, einen Wirtschaftsplan für ein Kalenderjahr aufzustellen, ist dieses Urteil nicht zu vollstrecken, wenn dieses Kalenderjahr zum Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung abgelaufen ist.


Quelle: BGH, Beschluss vom 23.6.2016 - I ZB 5/16




Aktuelle Themen

Wohnungseigentumsrecht